gene wrote:Also, nachdem ja so schön recherchiert wurde, dass es bereits mehrere Webseiten da draußen gibt, die sich das Thema "Spiele-Datenbank" vorgenommen haben, frage ich mich ein wenig: muss man denn da überhaupt noch selber ein neues System entwickeln?
Eine gute und wichtige Frage: Ist es den Aufwand wert, bei all den guten Videospiel-Dokumentationsprojekten da draußen noch ein Neues zu versuchen?
Meine kurze Antwort:
Ja, aber nur, wenn ein neuer Ansatz verfolgt wird.
Meine lange Antwort:
Es gibt zwei Arten von Projekten da draußen, kommerzielle und private.
Kommerzielle Projekte existieren aus einem einzigen Grund: Um Geld für die Eigner zu verdienen. Das bedeutet, dass diese Projekte darauf ausgerichtet sind, schnell und nachhaltig Einnahmen zu generieren und dabei die Kosten niedrig zu halten.
Einnahmen werden im Internet durch Nutzerzahlen generiert, weswegen diese Projekte meist darauf ausgerichtet sind, jüngere Nutzer mit mehr Freizeit anzusprechen und zum Mitmachen zu bewegen. Das erkennt man oft am peppig-bunten Design und am Dokumentationsfokus, der auf Windows-Spielen und modernen Konsolen liegt. Um die Nutzer im Sinne eines "Don't be evil" zu beruhigen, werden die Daten der Community für nichtkommerzielle Zwecke wieder zur Verfügung gestellt. Doch was nützen diese Daten, wenn irgendwann das Datenbanksystem dahinter wegbricht, das eine komfortable Pflege und Auswertung der Daten erst möglich gemacht hat?
Ausgaben dagegen hält man gering, indem man spart: An Datentiefe, an Qualitätskontrolle, an Weiterentwicklung. Einem kommerziellen Projekt nützt es schlicht nix, wenn es Informationen zu allen Titeln enthält, die jemals für Spectravideo oder Virtual Boy erschienen sind. Diese Daten werden kaum nachgefragt, sie bringen also keine Einnahmen, verursachen aber Kosten durch Speicherplatz und Datenbankaufblähung. Außerdem gehen solche Projekte meist mit einem halbgaren Datenmodell an den Start, um den Erst-Entwicklungsaufwand niedrig zu halten. Solche Datenmodelle sind für eine umfassende Videospiel-Dokumentation meist nicht kompliziert genug.
Ein kommerzielles Projekt ist also per se ungeeignet, eine nachhaltige Videospiel-Dokumentation sicherzustellen. Dies steht seinem Zweck des Geldverdienens frontal entgegen. Davon abgesehen kann eine Firma immer von heute auf morgen verkauft, zugemacht werden oder gar pleite gehen. Was ein neuer Eigner dann mit dem Projekt anstellen wird, steht in den Sternen.
Ein privates Projekt dagegen entsteht aus einem anderen Grund: Liebe. Ein paar Freunde wollen ihr liebstes Hobby mit der Welt teilen und machen ihre liebevoll gepflegte Access-Datenbank oder ihren ellenlangen Excel-Sheet zur Internetseite. Das Projekt wächst und gedeiht, zieht schnell mehr Leute an. Diese zusätzlichen Besucher machen das Projekt aber erstens zur Traffic-Kostenfalle, und zweitens verlangen sie ständig eine höhere Datentiefe und mehr Funktionen, die programmiert werden müssen. Meist haben solche Projekte jedoch nur genau einen oder zwei Programmierer, die irgendwann nach Jahren auch mal was Anderes machen wollen. Auch die anderen Gründer, die sich bisher vielleicht darauf beschränkt haben, neue Daten einzupflegen oder eingepflegte Daten freizuschalten, entdecken irgendwann, dass man Spiele nicht nur dokumentieren, sondern vielleicht auch mal wieder spielen sollte, und dass es noch andere Dinge im Leben gibt, auf die sich das Zeitverwenden lohnt. Ist dieser Punkt erreicht, tritt das Projekt in den Schleichmodus ein, die Probleme verschärfen sich. Irgendwann kommt es zum Knall, das Projekt wird verkauft, dicht gemacht oder sich selbst überlassen. Diese Phasen eines privaten Projektes können meist relativ genau in seinen Foren nachgelesen werden.
Aus all diesen Gründen wird ein privates Projekt niemals eine vollständige und nachhaltige Videospiel-Dokumentation erreichen können. Die Ressourcen sind einfach begrenzt. Auch die Frage, was mit den Daten im Ernstfall der Fälle passiert, kann eigentlich immer nur mit einem Schulterzucken beantwortet werden.
Ich persönlich möchte meine begrenzte Freizeit nicht mehr in solche Projekte stecken, weder kommerzielle noch private, weil ich nicht sicher sein kann, ob meine Arbeit in fünf, zehn oder zwanzig Jahren nicht umsonst gewesen sein wird. Ich möchte meine Arbeit lieber in ein Projekt stecken, das einen neuen Ansatz fährt, weder kommerziell noch privat ist, und das das Potenzial hat, Videospiele vollständig und nachhaltig zu dokumentieren. Und da ich kein solches Projekt sehe, verbringe ich meine Freizeit damit, es auf den Weg zu bringen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich damit alleine bin.